Erstmobilisation nach Bauchoperation, eine Antwort die Fragen ermöglicht.
Lieber Herr Weidmann, wir sind in einem Projekt, in dem es um die Erstmobilisation nach einer Bauch Operation geht. In einer beiläufig geführten Diskussion ist uns aufgefallen, dass wir von unterschiedliche Varianten und Methoden sprechen. Hier zwei rudimentäre Beschreibung davon: Bei der ersten sitzt der Patient (90Grad) und ruckelt sich dann selbst langsam mit den Füssen auf den Boden. Bei der zweiten Variante wird der Patient durch die Pflegeperson über die Hüfte rausgedreht und direkt hingestellt, ohne vorher zu sitzen. Was meinen Sie als Kinaesthetics Trainer dazu?
Beste Grüsse
A.B. .
Guten Tag Frau A.
herzlichen Dank für ihre Frage. Zur Erstmobilisation nach einer Bauch Operation.
Der Versuch, eine allgemeine Methode zu entwickeln, wie ein Patient nach einer Bauchoperation das erste Mal an die Bettkante oder ins Stehen mobilisiert werden kann, ist nicht zielführend. Menschen steuern sich generell von innen, das heißt, wir suchen täglich nach der passenden Bewegung für die anstehende Aktivität. Nach einer Bauchoperation verhält dies nicht anders. Der Unterschied zum normalen Alltag besteht jedoch darin, dass es praktisch keine verlässlichen Bewegungsmuster gibt.
Wir alle erinnern uns an unsere ersten Bewegungen, als wir aus dem Wasser in die Schwerkraft kamen – nicht kognitiv, aber körperlich. So wie wir als Babys kompetente Unterstützung brauchten, um in der Schwerkraft nach passenden Bewegungsmustern zu suchen, benötigt auch unser Patient bei der Erstmobilisation Pflegeprofis, die gemeinsam mit ihm den passenden Weg suchen und entwickeln können.
Ich bin überzeugt, dass Videoaufnahmen solcher Situationen die nachfolgenden Kompetenzbeschreibungen jederzeit überprüfbar machen. Viele Pflegeprofis, die dies können, haben Kinaesthetics-Bildungen besucht. Die sichtbare Kompetenz ist jedoch „nicht Kinaesthetics“, sondern die individuelle Bewegungskompetenz einer Pflegefachperson, auf die diese Pflegeperson zu Recht stolz sein kann. Meiner Meinung nach liegt in diesem Bereich ein großes Potenzial. Weil es immer wieder gefährliche Momente gibt zum Beispiel in der von ihnen beschrieben zweiten Variante.Die Ausfälle von Pflegefachpersonen zeigen, dass noch zu viele Pflegende glauben, in der Pflege gesundheitsschädigend heben zu müssen.
Kinaesthetics
Kinaesthetics und vielleicht andere 1.Person Forschungsideen ermöglicht die Pflegekompetenz in der Kombination von Wissen und Erfahrung zu entwickeln. Um daraus auch bei einer Erstmobilisation dem Betroffenen Patienten so zu helfen, dass er sich als wirksam erfahren kann. Nachfolgend einige Spontane Ideen….
Kinaesthetics Konzept: Interaktion
Die in Kinaesthetics Bildungen erworbene Interaktionskompetenz manifestiert durch die Verarbeitung kinästhetischer Informationen und draus die zirkuläre Anpassung der Bewegungen. Dies ermöglicht bei der Betreuung von Patienten nach einer Bauchoperation die zeitlichen- (Geschwindigkeit, beschleunigen-bremsen) räumlichen- (Richtungen und Richtungswechsel) und die Anstrengungsaspekte (viel-wenig Kraft). Kompetente Pflegefachpersonen gestalten damit die Anpassungs- und Suchprozesse mit dem, im Moment herausgeforderten Patienten. Abbrüche werden von der Pflegeperson zeitnahe erkannt.
Kinaesthetics Konzept: Funktionale Anatomie
Aus der Perspektive der funktionalen Anatomie nutzen Pflegefachpersonen ihr tiefes, durch Erfahrung gewonnenes Wissen über Gewichtsverlagerung, um Patienten dabei zu unterstützen, ihr Gewicht effektiv über stabile Knochenstrukturen zu verlagern. Dies kann beispielsweise durch die Anregung der Nutzung unverletzter Massen (Körperteile) in einer rollenden Bewegung erfolgen. Kompetente Pflegefachpersonen bemerken einerseits, wenn sie den Patienten mit Muskelkraft heben und anderseits, wenn die Patienten Bewegungen über Muskelkraft gestalten.
Kinaesthetics Konzept Menschliche Bewegung
Die menschliche Bewegung ist ein weiterer Aspekt, in dem Pflegefachpersonen ihre Kreativität zeigen. Sie entwickeln vielfältige Ansätze, um Patienten an ihren Grenzen zu unterstützen, ohne dabei eine einzige Lösung vorzugeben. Stattdessen tragen sie eine Vielzahl von Bewegungsmustern in sich, die es ihnen ermöglichen, zuversichtlich und suchend zu agieren.
Kinaesthetics Konzept: Anstrengung
Schließlich spielt auch die Anstrengung eine Rolle. Pflegefachpersonen helfen Patienten, ihr Spannungsnetz so zu regulieren, dass Schmerzen minimiert und betroffene Körperstellen geschont werden. Durch das Anbieten verschiedener Ideen, unterstützen sie PatientInnen über «Ziehen» und «Drücken», ein passendes Spannungsnetz für ihre aktuellen Bedürfnisse und die auszuführende Aktivität zu finden.
Bewegte Grüsse
Erich Weidmann, Kinaesthetics Trainer
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