🤸♀️ Kinaesthetics-lastig
Nach einer Fachtagung hörte ich in verschiedenen Rückmeldungen, es sei schon ein wenig «Kinaesthetics-lastig» gewesen. Als Kinaesthetics-Ausbilder kann es mir natürlich nicht „genug darum gehen“, die Bewegung und die daraus resultierende Erfahrung zu nutzen, um mich selbst und meine Arbeit zu erforschen. …..
DOCH: Lange vor Kinaesthetics wurde mir in meiner Pflegeausbildung eingeimpft, mich auf neue Erkenntnisse einzulassen: von der Chaostheorie zum Konstruktivismus, hin zum radikalen Konstruktivismus, zum Malik Management Modell, und zur fundamentalen Bedeutung eines positiven Menschenbildes. Pflegemodelle von Peplau, Benner, Roper bis hin zu Liliane Juchli bestärkten mich darin, dass es in der Pflege um die Ressourcen und die Autonomie der betreuten Menschen geht – die Basis für Respekt und Wertschätzung. Ganz ehrlich: All das hat mich fasziniert, geprägt und neugierig gemacht. Vermutlich war diese Bildung ein großer Teil meiner professionellen Entwicklung!
Das Scheitern und der verlorene Anstand
ABER: In meiner täglichen Arbeit am Pflegebett machte ich immer wieder die Erfahrung des Scheiterns. Das gipfelte darin, dass ich ärztliche Leistungen benötigte, um meinen Rücken wieder so weit zu bringen, dass ich nachts durchschlafen konnte. Tagtäglich half mir mein theoretisches Fachwissen, zu erkennen, dass ich in einigen Pflegesituationen „anstand“ – ein Zustand bei dem ich, sofort mit Kraft zu agieren begann, was da und dort in Reißen und Zehren mündete. Wortwörtlich verlor ich dann wenn ich «anstand» jeden Anstand! Im Umgang mit meinem Gegenüber und mir selbst. Um diese unerträgliche Spannung auszuhalten, suchte ich die Flucht im Externalisieren: Ich schob das Erfahrene auf das Verhalten und die Diagnose meines Gegenübers. Nicht mir. Die Psychologie nennt das den Externalisierungs-Mechanismus – und ja ich haben mich aus der Verantwortung geschlichen! Sämtliche Modelle und wissenschaftlichen Grundlagen sprechen dafür, dass ich als Profi gefälligst Verantwortung zu übernehmen habe.
ABER: Ich fühlte mich in diesen Situationen weiter im wahrsten Sinne des Wortes ohnmächtig, wenn ich im Berufsalltag wieder mal so richtig „anstand“.
Der banale Kurs
Dann besuchte ich meine erste Kinaesthetics-Bildung. Hier analysierten wir solche Situationen über die Bewegung. Mit Schrecken musste ich feststellen, wie viel Potenzial ich in diesen Situationen verpasst hatte. Ich war zu schnell, wollte das Gewicht des Gegenübers in eine Richtung befördern, die nicht passte, und das führte bei mir zur höchsten Belastung.
Zusammen mit den Kolleginnen hatte ich viele Aha-Momente bezüglich meiner Muster. Im Alltag schob ich mein «anstehen» auf die Diagnose und das Verhalten der Bewohner. Im Kurs sagte meine Kollegin in solchen Moment zu mir: „Du hebst mich! Du bist zu schnell. Ich brauche mehr Raum“
Das alles in dem wir über längere Zeit auf nur einen Unterschied in der eigenen Bewegung fokussiert waren. Banaler geht`s nucht mehr!
Diese Erfahrung lehrte mich innerhalb einer dreitägigen Bildung zu verstehen, dass der Schlüssel zur Umsetzung das Üben und Analysieren von Pflegesituationen über die Bewegung ist.
Bildung ist “lastig”
Alle wissenschaftlichen Grundlagen, alle Modelle zielen darauf ab, in Interaktion mit anderen Menschen als Suchende im Moment das Passende zu suchen und hoffentlich zu finden. Anders ausgedrückt ist das übergreifende Ziel von Bildung nicht primär die Akkumulation von Wissen, sondern die Transformation menschlichen Verhaltens, um eine gewünschte Kompetenz im Handeln zu erzeugen.
So gesehen ist jede Bildung mindestens so „lastig“, dass der Pflegende sich davon verspricht, beim „Anstehen“ mit Anstand nach passenderen Lösungen zu suchen. Die Bewegungserfahrung ist dabei ein unverzichtbarer Schlüssel, um Verantwortung nicht nur theoretisch zu kennen, sondern physisch und erfahrbar umzusetzen.
Bildung ist gezielte Verhaltensänderung
Das übergreifende Ziel von Bildung ist nicht primär die Akkumulation von Wissen, sondern die Transformation menschlichen Verhaltens, um eine gewünschte Kompetenz im Handeln zu erzeugen.
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