Wie Kinaesthetics mir hilft, mit Frau Laruthi zu lernen

Frau Laruthi lebt seit zwei Jahren auf meinem Wohnbereich und ist eine von zwanzig Bewohnerinnen und Bewohnern. Ich habe mir vorgenommen, jeden Einzelnen bei der alltäglichen Unterstützung mit Geduld und Aufmerksamkeit zum “Lernen und Entdecken” anzuregen.

Heute betreue ich Frau Laruthi. Mir ist aufgefallen, dass sie zwar mit dem Rollator gehen kann, aber dennoch häufig im Rollstuhl transferiert wird – sogar zu den Mahlzeiten. Seit meinem Kinaesthetics-Grundkurs hat sich mein “Bewegungsradar” deutlich geschärft. Ich nehme nicht nur die Bewegungen der Bewohner bewusster wahr, sondern auch meine eigenen.

Kleine Schritte

Frau Laruthi zeigte zunehmend Verhaltens- und Bewegungsauffälligkeiten. Mir wurde klar: Ich brauche ihre aktive Mitarbeit in meinem Pflegealltag – alleine schaffe ich es nicht. Also begann ich, mich gemeinsam mit ihr zu bewegen, jeden Tag in kleinen Schritten.
Zuerst gingen wir gemeinsam mit dem Rollator vom Bett zur Toilette. Am nächsten Tag liefen wir bis zum Esstisch – und sie saß nicht mehr im Rollstuhl, sondern auf einem normalen Stuhl. Den Rollstuhl habe ich bewusst aus ihrem Sichtfeld entfernt. Nach dem Essen standen wir gemeinsam auf, gingen wieder zur Toilette und ich unterstützte sie danach zu einem bequemen Relax Sessel zu laufen und darin zu ruhen.

Entwicklung

So verbessern wir Tag für Tag ihre Bewegungsfähigkeit – in kleinen, aber bedeutsamen Schritten. Am Abend ist sie müde, aber ausgeglichen. Und sie sagte zu mir: „Ich konnte schon immer laufen – ich brauchte nur deine Hilfe.“
Diese Worte haben mich tief berührt, denn ich sehe mich als Teil ihrer Verhaltensänderung durch mein reflektiertes Verhalten ihr gegenüber. Heute frage ich mich nicht mehr nur: „Was kann ich für jeden Bewohner tun?“, sondern: „Was kann ich dem Bewohner ermöglichen, damit wir gemeinsam unseren Alltag selbstwirksam gestalten können?“

 Juli 2025 Geraldine, Pflegende in einem geschützten Wohnbereich

Kleine Schritte mit grosser Wirkung
Die Förderung der Bewegungsfähigkeit ist eine zentrale pflegerische Aufgabe. Überall, wo Menschen Pflege brauchen, ist ein mögliches Risiko für Bewegungseinschränkung vorhanden. Die Kliniken Valens haben in Zusammenarbeit mit dem Institut Pflege der ZHAW eine Pflegeintervention zur Förderung der Bewegungsfähigkeit entwickelt und mit neurologisch erkrankten Menschen getestet. >>> Pdf