Kinaesthetics – Bildungen werden fortlaufend aufeinander aufgebaut. Der Kinaesthetics Grund- und Aufbaukurs ist grundlegend für die Ausbildung zum Kinaesthetics  Trainer. Mit diesem Bildungsweg haben Sie, in der Schweiz,die Möglichkeit die Berufsprüfung SpezialistIn für angewandte Kinästhetik zu absolvieren. In weiteren darauf  aufbauenden Schritten, haben Sie die Möglichkeit sich zur  qualifizierten BassiskursleiterIn weiter zu entwickeln. mehr >>>

Sidonia Scheuner hat ihre Kinaesthetics Ausbildung  2019  mit der Stufe 2 abgeschlossen. Sie Arbeitet heute 50% in einer Rehabilitationseinrichtung und 50% als Kinaesthetics Trainerin. Im folgenden Interview erzählt sie, wie sie als Fachangestellte Gesundheit Kinaesthetics in der Praxis schätzen lernte!

Ihre Bewegungen waren fliessend, wenn sie eine BewohnerIn mobilisierte. Bei mir war das oft ein Krampf, ein «Murks» sagen wir.

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Grund und Aufbaukurs

Erich Weidmann: Fünf Jahre ging die Ausbildung, die du absolviert hast?
Sidonia Scheuner: Stimmt nicht ganz! Sie ging sogar sieben Jahre, denn nach dem Grundkurs habe ich über drei Jahre keine Kinaesthetics-Bildung besucht.

Erich: Was hat dich dann dazu bewegt, den KinaestheticsAufbaukurs zu besuchen?
Sidonia: Die Kinaesthetics-Trainerin, die regelmässig zu uns ins Haus kam, hat mich fasziniert. Ich konnte beobachten, wie sie in der Bewegung mit unseren BewohnerInnen immer wieder passende Wege gefunden hat. Das hat mich motiviert, Kinaesthetics weiter aus der Perspektive als Fachangestellte Gesundheit zu vertiefen.

Erich: Kannst Du noch erläutern, das Tun der Kinaesthetics-Trainerin so anders machte?
Sidonia: Ihre Bewegungen waren fliessend, wenn sie eine BewohnerIn mobilisierte. Bei mir war das oft ein Krampf, ein «Murks» sagen wir. Einzelne BewohnerInnen vom Stuhl her ins Stehen zu unterstützen, forderte mich oft heraus. Die Trainerin kam, und hat von aussen gesehen passende Dinge getan, ohne dass sie viel über diese BewohnerInnen wusste. Mich faszinierte, wie sie auf die BewohnerInnen eingehen konnte. Einerseits über Sprache und andererseits fast geheimnisvoll anmutend über Berühren und Bewegen.

Erich: Du hast den Aufbaukurs dann besucht. Was hat du daran geschätzt und was dabei gelernt?
Sidonia: Am meisten habe ich aus den Erfahrungen mit dem zweiten Kinaesthetics-Konzept gelernt. Das Verständnis, was Knochen und Muskeln für Aufgaben haben, wurde mir im Aufbaukurs klarer. Dies bewirkte, dass ich den BewohnerInnen besser helfen konnte – zum Beispiel beim Aufstehen vom Stuhl. Da fing ich an, in meiner Anleitung darauf zu achten, dass die BewohnerInnen das Gewicht über die Knochen auf die Unterlage abgeben können. So gelang es mir immer besser, mit den Menschen in Bewegung zu kommen, anstatt sie einfach einseitig zu heben.

Das war für mich jeweils ein Erfolg, weil ich gemerkt habe, dass mir und auch den BewohnerInnen die Aktivitäten des täglichen Lebens leichter fielen. Sie und ich waren viel aufgestellter.

Ich merkte, dass ich einige grundsätzliche Ansichten über mein Pflegeverständnis verändern und entwickeln werde.

Trainerin in Ausbildung

Erich: Du hast in deinem Berufsalltag viele Entdeckungen gemacht. Was war für dich der Grund, dich zur Kinaesthetics-TrainerIn Stufe 1 auszubilden?
Sidonia: Nach dem Aufbaukurs und den vielen guten Erfahrungen in der Praxis besuchte ich die Peer-Tutoring-Ausbildung. Da ich hätte mich noch nicht an die Stufe 1 gewagt. Während der Peer-Tutoring-Ausbildung stellte sich mir immer mehr die Frage: Warum eigentlich nicht? Mich faszinierte die Idee, selbst Schulungen und Anleitungen zu gestalten.

Erich: Und dann hast du in die Kinaesthetics-Ausbildung Stufe 1 gemacht. War es, wie du es dir vorgestellt hast?
Sidonia: Hmmmm, eine gute Frage! Ja. Und doch war es anders. Auch nach der Peer-Tutoring-Ausbildung war es mir wichtig, gute Techniken parat zu haben, wie man BewoherInnen schonend unterstützen kann. Ich hatte die Erwartung, dass diese Techniken noch ausgefeilter werden. In der ersten Woche der Ausbildung merkte ich jedoch, dass ich in deren weiteren Verlauf wohl einige grundsätzliche Ansichten über mein Pflegeverständnis verändern und entwickeln werde.

Erich: Kannst du kurz beschreiben, was du damit meinst?
Sidonia: Mir wurde bewusst, dass die Bewegung mit anderen Menschen ein grundsätzliches «Aufeinandereingehen» ist. Es entstand in mir die Perspektive der Beziehungsgestaltung. Davor hatte ich eine genaue Idee oder eben Technik, wie ich diesen oder jenen Transfer machen wollte.

Ich begann tiefer zu verstehen, dass die Gestaltung der eigenen Bewegung ein riesiges Potenzial besitzt, um gemeinsam mit dem Menschen gegenüber einen passenden Weg in der Bewegungsgestaltung zu finden. Meine Bewegungskompetenz konnte ich erst mit dieser Perspektive wirklich ins Spiel bringen.

Jedes finden im Kleinen und Grösseren hat uns alle motiviert und Freude bereitet.

Die Unterschiede bemerken

Erich: Verstehe ich das richtig: Du hast für dich noch verstärkt entdeckt, wie du pflegebedürftigen Menschen helfen kannst?
Sidonia: Ja, ich lernte auch kleine Unterschiede zu machen. Das begann schon bei der Frage, wie ich einem anderen Menschen die Hand gebe. Oder wie ich meine Spannung regulieren, wenn eine BewohnerIn eine hohe Körperspannung hat.

Erich: Was war nach der Ausbildung zur Kinaesthetics-Trainerin Stufe 1 deine Aufgabe im Betrieb?
Sidonia: Ich habe an meinem Arbeitsplatz bereits als Kinaesthetics-Trainerin Stufe 1 begonnen, die Refresher-Kurse zu gestalten. Dazu entwickelten wir ein hausinternes Konzept. Darin hielten wir fest, mit welchen Angeboten wir als MitarbeiterInnen gemeinsam Lernfortschritte machen wollen. Daraus resultierend konnte ich jede MitarbeiterIn einmal im Jahr in der Praxis begleiten und danach die Sequenzen mit der Lernspirale analysieren.

Nebst den Kursen für Mitarbeitende gestaltete ich mit der Aktivierungstherapeutin Bewegungsangebote für unsere BewohnerInnen. Für die BewohnerInnen und uns Pflegende war dabei das Suchen von passenden Wegen auf den Boden und zurück ein wichtiges Thema. Jedes finden im Kleinen und Grösseren hat uns alle motiviert und Freude bereitet.

Erich: Du hast dich dann entschieden, die Kinaesthetics-TrainerInnen-Ausbildung Stufe 2 gleich an die Stufe-1-Bildung anzuhängen. Du hast beschrieben, wie du deine Ansichten verändert hast. Jetzt gestaltest du Grundkurse. Diese sind der erste Schritt, bei dem sich ein Verständnis von der «Technik» hin zum Lernen entwickelt. Wie geht es dir jetzt damit, wenn du auf der anderen Seite stehst?
Sidonia: Ich finde es herausfordernd, den TeilnehmerInnen verständlich zu machen, dass es eben nicht die Technik ist, die hilft. Kürzlich hatte ich ein Gespräch mit meinen Kolleginnen, sie sagten: «Kinaesthetics kann man ja nicht überall anwenden.» Auch sie hatten ein technisches Verständnis. Es war für mich sehr herausfordernd, ihnen meine Sichtweise und deren Bedeutung im Alltag zugänglich zu machen. Ich freue mich aber jeweils sehr, wenn TeilnehmerInnen sich auf die Inhalte einlassen. Oft entdecken sie, dass die Lernumgebungsgestaltung im Alltag mit kleinen Schritten beginnt.

Als Kinaesthetics-Trainerin bin ich ganz nahe an der BewohnerIn und kann meine Bewegungskompetenz bei den Unterstützungen anbieten.

Kinaesthetics Kurse gestalten

Erich: Du hast dich dann entschieden, die Kinaesthetics-TrainerInnen-Ausbildung Stufe 2 gleich an die Stufe-1-Bildung anzuhängen. Du hast beschrieben, wie du deine Ansichten verändert hast. Jetzt gestaltest du Grundkurse. Diese sind der erste Schritt, bei dem sich ein Verständnis von der «Technik» hin zum Lernen entwickelt. Wie geht es dir jetzt damit, wenn du auf der anderen Seite stehst?
Sidonia: Ich finde es herausfordernd, den TeilnehmerInnen verständlich zu machen, dass es eben nicht die Technik ist, die hilft. Kürzlich hatte ich ein Gespräch mit meinen Kolleginnen, sie sagten: «Kinaesthetics kann man ja nicht überall anwenden.» Auch sie hatten ein technisches Verständnis. Es war für mich sehr herausfordernd, ihnen meine Sichtweise und deren Bedeutung im Alltag zugänglich zu machen. Ich freue mich aber jeweils sehr, wenn TeilnehmerInnen sich auf die Inhalte einlassen. Oft entdecken sie, dass die Lernumgebungsgestaltung im Alltag mit kleinen Schritten beginnt.

Erich: Herauszufinden, was allen TeilnehmerInnen helfen würde, und der Perspektivenwechsel von der Technik auf das Gestalten sowie das gegenseitige Aufeinander-Einlassen über Bewegung wäre schon toll!
Sidonia: Ja, daran werden wir weiter forschen und immer mehr darüber hinzulernen.

Als Fachangestellte Gesundheit zur Kinaesthetics Trainerin

Erich: Sidonia du hast eine FAGE-Ausbildung gemacht. Warum sollten deine BerufskollegInnen SpezialistInnen für Kinaesthetics werden, anstatt eine HF-Ausbildung zu machen? Kannst du hierzu ein Plädoyer abgeben?
Sidonia: Ein wichtiger Punkt war für, dass ich von Beginn an in Alters- und Pflegeheimen gearbeitet habe. Da konnte ich schon als Lernende beobachten, wie viel die Pflegefachfrauen im Büro arbeiten müssen. Sie haben viel weniger Kontakt zu den BewohnerInnen. Das war für mich entscheidend. Als Kinaesthetics-Trainerin bin ich ganz nahe an der BewohnerIn und kann meine Bewegungskompetenz bei den Unterstützungen anbieten. Häufig werde ich beigezogen, wenn herausfordernde Pflegesituationen zu analysieren sind – ebenso beim Entwickeln und Umsetzen von Ideen mit den KollegInnen. Diese Funktion fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

Erich: Danke vielmals, Sidonia, für dieses Gespräch über deinen Bildungsweg!
Sidonia: Bitte schön, sehr gern geschehen. 😊

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